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Das ungute Gefühl… Na, wo kommt es den her und was macht es mit mir?

In den letzten Tagen hatte ich ein Schlüsselerlebnis. Ich bin gut gelaunt und auf meine Ziele fokussiert durch die Klinik geschlendert. Habe für mich gesorgt und mich in allen Dingen zurückgenommen, überlegt und oft spontan mit dem Leitsatz aus der Entgiftung “ TEMPO RAUSNEHMEN“ gehandelt. Gutes Gleiten in der Therapie mit einem wohligen und guten Gefühl. Freies Denken, reines Gewissen, Selbstachtung, innere Zufriedenheit.

Und plötzlich war eine Situation da, die einfach so auftauchte und mich direkt ins Zentrum, meiner Reise zum mir selbst, katapultierte. Da ich täglich Tagebuch in diesem Blog schreibe, um eine Art Selbsttherapie und nachhaltige Reflexion für mich zu betreiben, hatte ich wohl bei dem ein oder anderen Text-FLOW vergessen, dass dieser Blog ja öffentlich ist. Sicherlich ist mir bewusst, dass viele Menschen da draußen mitlesen ( kann man über Google Analytics ganz einfach feststellen ). Etwas aus den Augen hatte ich verloren, dass evtl. auch Therapeuten aus der Klinik mitlesen. So kam es dann, dass mich die psychologische Leiterin aus der Klink, sehr nett und höflich, auf ein Gespräch gebeten hat. Im Gespräch haben wir über den ein oder anderen Blog Eintrag gesprochen und uns darauf geeinigt, dass wohl bei manchen textlichen Formulieren „die Pferde mit mir durchgegangen sind“. Einige Dinge, wie z.B. meine Selbstreflexionen zum Themen wurden positiv begrüßt. Ich hatte in einem Eintrag geschrieben, dass ich oft auf Bühnen stehe und dann aus Erschöpfung und Anstrengung in alte Verhaltensmuster zurück falle. Dies in der Thematik, Selbstverherrlichung und narzisstische Züge. Mir wurde also sehr einfühlsam und verständnisvoll nahe gelegt, warum ich denn den Blog öffentlich schalte, ob es nicht reichen würde, das für mich alleine zu tun. Ich habe mir Verständnis und direkter Handlung darauf reagiert und die Tagebucheinträge erstmal „offline“ gestellt.

Nach dem Gespräch kamen dann ganz ungute Gefühle bei mir hoch. Es hat mich drastisch und 1:1 in meine Kindheit zurückversetzt. Damals habe ich sehr oft riesen große Angst gehabt, etwas falsch zu machen. Die Konsequenzen für Fehler in meiner Kindheit waren nicht wirklich schön und haben in mir eine sehr große Angst erzeugt. Lieber hätte ich als Kind diese Angst in Urvertrauen und Liebe eingetauscht, aber die Umstände und die damalige Situation meiner Eltern haben das nicht zugelassen. Ich habe tiefe Prägung davon getragen ( bis heute trage ich diese rum ), bei der es eine extreme und ständige Wachsamkeit mit der ehrgeizgetriebenen Ambition “ immer alles richtig machen zu wollen und zu müssen“ erfordert. Das ist anstrengend und immer mit Zweifel und Angst behaftet.

Nun gut, das war der Ausflug, wo kommt es denn her! Nun wieder zur aktuellen Situation. Nach dem Gespräch war ich etwas platt, erschüttert und es kam ein unglaublich starkes Gefühl hoch. Ein sehr ungutes Gefühl, dass mich nervös, unsicher, verletzt und etwas rebellisch machte. Nach dem Gespräch hatte ich Kunsttherapie und konnte mich erst gar nicht darauf konzentrieren und in den sogenannten Flow kommen. Ich habe versucht, das Gefühl auszuhalten, es zu spüren, es wahrzunehmen und es einfach so zu lassen wie es ist. Das war eine sehr unschöne Erfahrung über Stunden hinweg. Ich bin im Naturell sehr optimistisch, positiv und harmoniebedürftig programmiert. So ein Gefühl, dass ich eher selten kenne, nie mehr zulassen wollte und ein Teil meiner Vergangenheit ist, fuhr mir zwischen Mark und Knochen ein. Ich wusste nicht damit umzugehen, es war schwer es auszuhalten ohne direkt wieder eine Rebellion, einen Blödsinn oder gar den Rückschritt in ein Verhaltensmuster der Sucht anzutreten. In der Vergangenheit habe ich oft bei solchen Gefühlen eine Art „voll gegen die Wand“ oder eine sog. Selbstkastei bei mir selbst praktiziert. Warum war mir zum damaligen Zeitpunkt nicht wirklich klar, es war mehr eine eingefahrene  Ursache, Folge Wirkung Reaktion, mit meist bösem Ende für mich und mein Umfeld. Hier in der Klinik ist es mir das erste mal gelungen, das Gefühl so zu nehmen wie es ist und ruhig und versiert zu bleiben. Ich stelle fest, meine Autosuggestion: “ Die Dinge sind wie sie sind“ funktioniert langsam.

Nach Kunst lag ich dann auf dem Zimmer und habe meine innere Stimme nicht nur gehört, sondern ich habe auf sie gehört. Ich habe angefangen, das Gefühl zu erkunden, im Bauch, im Kopf, am Körper und versucht zu ergründen, was es mit mir macht. Dies war eine sehr tiefe und innige Erfahrung für mich ( kenne ich so nicht wirklich ). Während ich bei mir im Inneren selbst war…. „Stell Dir vor, Du gehst in Dich und jemand ist da“…..habe ich ohne groß Nachzudenken irgendwie alle Dinge relativiert.  Ich war froh, dass mein Gegenüber im Gespräch zum Blog, dieses Gefühl ausgelöst hatte. Das Gefühl hat mich nicht umgebracht, es hat mich in eine Stimmung versetzt die eigentlich ganz normal im Leben ist und zu einem ausgewogenen Leben “ in guten wie in schlechten“ Zeiten, Situationen und Gefühlen dazu gehört.

  • Ich hatte nichts falsch gemacht
  • Ich bin gut genug
  • Aus mir ist etwas geworden
  • In dieser Situation ist gut mir mir umgegangen worden
  • Ich bin ein Mensch
  • Ich muss nicht perfekt sein
  • Es steht mir zu, Fehler zu machen
  • Ich brauche keine Angst vor solchen Gefühlen zu haben, die gehören dazu
  • Ich habe nun vertrauen solche Gefühle zulassen zu können ohne mich selbst wieder zu verletzen zu müssen
  • Meine Eltern habe das nie Böse gemeint und konnten in ihrer eigenen Situation nicht anders reagieren
  • Meine Eltern hatten ein Kind verloren, dass kann man nicht nachempfinden
  • Meine Eltern habe das bestmögliche für mich getan und die Liebe und das Urvertrauen geschenkt, das zu damaligen Zeit in deren Ressourcenvermögen vorhanden war
  • Das Wort Schuld ist irrelevant
  • Versöhnung, Vergebung, Verständnis, Akzeptanz, Toleranz, Dankbarkeit und Demut sind im Leben existentiell die wahren Werte und Tugenden 

Tut nicht gut, aber ich hab hingeschaut, es zugelassen und es ist gar nicht so schlimm

Ja, ich habe hingeschaut, reingefühlt und es wirken lassen. Ich möchte jetzt nicht sagen, ich freue mich auf die nächste Begegnung mit solche erziehungsgeprägten Gefühlen aus meiner Kindheit. Ich kann jedoch sagen, dass ich einen großen Anteil an Angst davor verloren habe und es begriffen habe, dass es gar nicht so schlimm ist und ich in keinster Weise einen Weg zur Selbstverletzung als Ablenkung suchen muss.

Selbstverletzung ist ohnehin mehr als kontraproduktiv und einfach gesagt – animalisch DUMM !

Warum habe ich das mein ganzes Leben lang betrieben, warum habe ich mich seelisch und körperlich selbst verletzt, warum habe ich andre verletzt, warum bin ich schnurstracks mit Vollgas gegen die Wand gefahren. Die Antwort liegt auf der Hand, das Gefühl Angst hat mich in die unüberlegte Flucht getrieben, ich bin weggerannt und habe einen Weg gesucht um vom ursprünglichen Gefühl abzulenken. Ablenken konnte ich früher nicht nur durch weglaufen oder verdrängen, es musste dann direkt noch ein anderer Effekt, wie Schmerz, Drogen, Alkohol oder Sex hinzukommen um ein anderes, gefaktes und übertünchtes Gefühl zu haben. Ich habe meine echten Gefühle nicht wirklich ausgelebt und bin dadurch massiv in Despressionen, Sucht und die von narzisstischen Anflügen geprägte SUCHT nach Anerkennung geflüchtet. Ein 40 Jahre langer Irrweg mit viel Steinen und ernsthaften Unfällen. Ein weiser Mann sagte mal: „Kenne die Vergangenheit um die Zukunft verstehen zu können“. Ja, da ist was dran. Ich für mich, habe nun ein Bild der Vergangenheit, meiner Kindheit und meines Werdeganges. Das Bild ist aus den Farben „gut“, „schlecht“ und „viel zwischendrin“ gemalt worden. Das Bild ist gut anzusehen und bei genauerem Hinsehen, merke ich, wie viele Dinge im Bild im Detail erkennbar sind. Die Vergangenheit hat das aus mich gemacht, was ich bin und das ist gut so. Ich bin freundlich, höflich, zuvorkommend, optimistisch, motivierend anderen gegenüber. An der Ehrlichkeit muss ich noch in Nuancen arbeiten. Meine Beziehungsfähigkeit ist gut, solange sie nicht von Drogen oder anderen Süchten beeinflusst ist.

Ohaa, ich merke gerade, ich bin bei einem sehr wichtigen Thema angekommen, das …..

Es ist wichtig, Rückmeldungen von Außen, vom Gegenüber zu bekommen. Diese Rückmeldungen sind manches Mal unangenehm. Klar, Lob tut immer gut, aber ich denke aus was es wirklich drauf ankommt, ist eine Rückmeldung vom Gegenüber, der Gesellschaft, vom Beziehungspartner, vom Therapeuten u.s.w.
Warum, ganz einfach, man kann selbst viel über sich nachdenken, andere beobachten, oder sich über Literatur einen Einblick verschaffen, was ist im 21ten Jahrhundert die Quintessenz von moralischer und ethischer Knigge. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit, da es subjektiv und selektive Wahrnehmung ist. Wenn andere einem spiegeln, was evtl. hoch Entwicklungspotential hat, nur dann kann man darüber nachdenken und versuchen etwas zum besseren zu verändern.  Ich denke ich werde die nächsten Tage im Sinne mein Ziele hier in der Klinik und im Sinne von Eigen- und Fremdwahrnehmung mal ein paar Versuche starten. Wohl bin ich mir bewusst, dass diese Versuche ein o.g. „ungutes Gefühl“ erzeugen kann, aber darauf kommt es ja an. Der Umgang mit diesen Gefühlen – das aushalten  – das hineinfühlen – das verstehen – das akzeptieren dieser Gefühle.

Und wenn man es nun wieder positiv und konstruktiv nimmt, auch wenn es nicht einfach wird, dann schlägt man 2 Fliegen mit einer Klappe. Gefühlstraining mit neuem aufgezeigtem Entwicklungspotential…. was kann ich noch ändern an mir ohne meine Authentizität aufs Spiel zu setzen.

In diesem Sinne mein lieber Robert…. gute nächste Schritte mit dem Leitsatz:

Dies mit 80 % und kleinen Brötchen im Backofen.

Oh, fast vergessen. Ich möchte noch die Abrundung zur Einleitung notieren. Warum ist denn nun der Blog und die Tagebucheinträge wieder ONLINE. Ganz einfach, ich habe mir ein System überlegt, bei dem können nur angemeldete Personen von außen auf das Tagebuch zugreifen. ( Anmeldung, Name und Passwort ). Dies lässt es zu, dass ich die Leserschaft reglementiere und die große Bühne somit verlassen habe. Dies lässt es auch zu, dass auf Wunsch, die Therapeuten der Klinik mitlesen können, wie es mir so geht und wo meine Reise hingeht. Was verbirgt sich hinter der Idee des LOG IN´s?

  • Damit meine Ehefrau mit lesen kann, ich zitiere: „mit Deinem Blog lerne ich Dich endlich mal besser kennen“
  • Damit meine Schwester mit lesen kann, hat den Vorteil, dass ich nicht alle paar Tage die Frage: “ Wie geht es Dir“ mit der sinnlosen Antwort “ Gut „ beantworten muss
  • Damit mein bester Freund Kay mit lesen kann, das  ist ein echter  Gegenpol, der wirklich interessiert ist und mir auch entsprechendes Contra gibt
  • Damit mein Ex Psycholog Dr. E.O. mit lesen kann und mich in abendlichen Telefonaten auf das ein oder andere aufmerksam machen kann
  • Damit ich, egal wo oder wann, mit einem Kennwort meine eigenen Zeilen lesen und reflektieren kann, das geht mit einem Tagebuch aus Papier nicht so gut, da es meist an einem anderen Ort liegt, wenn man die Muße hat darin zu lesen…. ( meine praktische Erfahrung )

Denke das ist ein guter Kompromiss für alle und vor allem für mich, denn alles Offline zu schalten ist in einem Blogsystem wie WordPress nicht wirklich möglich und wenn, dann liegt alles unsortiert im digitalen Papierkorb > unpraktikabel und gegenteilig zur Ursprungsidee.